Neues Werkvertragsrecht I

 
vom 19.09.2017

Neues Werkvertragsrecht I: Das müssen Bauunternehmen und Handwerker ab dem 01.01.2018 beachten

Von Pavel Denev, Rechtsanwalt

Einleitung
Für alle Werkverträge, die nach dem 01.01.2018 geschlossen werden, gelten die Neuerungen im Bau- und Werkvertragsrecht. Neben der Modifizierung des bestehenden Werkvertragsrechts werden Regelungen zum Bauvertrag, insbesondere zum Verbraucherbauvertrag ins bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen. Eine Neuerung im Kaufrecht verbessert die Rechtslage für Handwerker und Bauunternehmen. Die Regelungen zum Architekten- und Ingenieurverträgen wird in Teil II dargestellt.

Werkvertragsrecht
Im allgemeinen Werksvertragsrecht betrifft eine Änderung die Abnahme. Bislang führte die Aufforderung zur Abnahme nur dann zur Abnahmefiktion, wenn kein „wesentlicher Mangel“ vorlag. In der Praxis musste über das Vorliegen eines Mangels im Prozess gestritten werden und der Auftraggeber konnte Mängel in diesem Prozess „nachschieben“. Künftig tritt die Abnahmefiktion bereits dann ein, wenn der Auftraggeber nicht innerhalb der vom Bauunternehmer gesetzten Frist mindestens einen Mangel rügt und deshalb die Abnahme verweigert. Ein „nachschieben“ von Mängeln ist künftig nicht mehr möglich.
Für Abschlagszahlung gilt künftig, dass für die Wertberechnung nicht mehr der Wertzuwachs beim Auftraggeber, sondern der vertraglich vereinbarte Wert der erbrachten und abgerechneten Leistungen maßgeblich ist. Mängel dieser Leistungen berechtigen nur noch zur Zurückbehaltung eines angemessenen Teils der Abschlagsforderung und schließen die Vergütung nicht mehr komplett aus.
Die Kündigung aus wichtigem Grund wurde nun gesetzlich geregelt. Neben der grundsätzlich vorgesehenen Abmahnung vor der Kündigung ist auch die Teilkündigung geregelt worden. Nach einer Kündigung ist eine gemeinsame Zustandsfeststellung vorgesehen. Ein unentschuldigtes Fernbleiben kann rechtliche Nachteile zur Folge haben.

Bauvertragsrecht
Mit der Gesetzesänderung werden erstmals gesonderte Vorschriften für Bauverträge eingeführt. Hier wurde das Anordnungsrecht des Bestellers neu eingefügt. Darüber hinaus wurden bekannte Regelungen zur Sicherungshypothek und Bauhandwerkersicherung in modifizierter Form übernommen.

Anordnungsrecht
Einen Schwerpunkt der Neuregelungen bilden die Vorschriften zum Anordnungsrecht des Bestellers, das bislang gesetzlich nicht vorgesehen war. Künftig ist der Unternehmer verpflichtet, ein Angebot zu erstellen, wenn der Besteller eine Änderung des Werkerfolgs verlangt oder Änderungen zur Erreichung des vereinbarten Erfolgs notwendig werden. Diese Pflicht wird begrenzt, soweit die Erstellung eines Angebotes für den Unternehmer unzumutbar ist. Legt der Unternehmer kein Angebot vor, obwohl er gesetzlich dazu verpflichtet ist, kann der Besteller den Bauvertrag kündigen. Aus Sicht des Bestellers ist zu beachten, dass er geänderte Planunterlagen vorlegen muss, soweit er Planungsverantwortung trägt. Legt der Unternehmer kein Angebot vor, steht dem Besteller künftig ein einseitiges Anordnungsrecht zu. Um die damit einhergehenden Fragen zur Berechnung der Vergütung zu vermeiden, sollte daher ein Angebot vorgelegt werden.

Schlussrechnung
Künftig enthält das Gesetz ausdrückliche Regelungen zur Schlussrechnung. Neben der Abnahme, ist die Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung eine Fälligkeitsvoraussetzung für den Werklohn. Liegt keine prüffähige Schlussrechnung vor, kann der Werklohn nicht verlangt werden. Wie bisher ist die Rechnung prüffähig, wenn sie eine übersichtliche Aufstellung der erbrachten Leistungen enthält. Wichtig ist, dass die Schlussrechnung als prüffähig gilt, wenn nicht innerhalb von 30 Tagen begründete Einwendungen gegen die Prüffähigkeit erhoben wurden. Der Rechnungsempfänger kann demnach die Prüffähigkeit also nicht im Nachhinein geltend machen, wenn er diese Einwendungen nicht rechtzeitig erhoben hat.

Verbraucher-Bauvertrag
Um den Verbraucherschutz bei Abschluss von Bauverträgen zu stärken, führt der Gesetzgeber den sog. Verbraucherbauvertrag ein. Ein solcher Vertrag liegt vor, wenn ein Bau-Unternehmer (GmbH, KG, GmbH & Co. KG, AG, Gewerbetreibender) mit einem Verbraucher (natürliche Person, die nicht im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit handelt) einen Vertrag über die Neuerrichtung oder den wesentlichen Umbau eines Bauwerks schließen. Nicht umfasst sind Verträge über handwerkliche Leistungen, die nicht den Umfang eines Neubaus oder wesentlichen Umbaus aufweisen.

Bei einem Verbraucher-Bauvertrag treffen den Unternehmer verschiedene Informationspflichten, um das Ungleichgewicht hinsichtlich der Kompetenz auszugleichen. Auch während der Abwicklung des Bauvertrages sind Hinweispflichten gegenüber Verbrauchern zu beachten. Dies ist beispielsweise bei der Aufforderung zur Abnahme der Fall (s.o.).

Eine weitere Neuerung ist die Einführung eines Widerrufsrechts, wie es beispielsweise im Onlinehandel seit längerem bekannt ist. Der Verbraucher hat danach die Möglichkeit, den Bauvertrag durch eine Erklärung zu widerrufen. Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Wichtig ist, dass diese Frist erst beginnt, wenn der Bau-Unternehmer den Verbraucher in der gesetzlich vorgesehenen Form über das Widerrufsrecht informiert hat. Unterbleibt diese Unterrichtung oder ist sie fehlerhaft, kann der Verbraucher bis zu ein Jahr und 14 Tage nach Abschluss des Bauvertrages sein Widerrufsrecht wirksam ausüben.
Um den Verbraucher vor einer Überzahlung des Unternehmers durch Abschlagszahlungen zu schützen, dürfen Abschlagszahlungen insgesamt nicht mehr als 90 % der Gesamtvergütung betragen.

Wichtig ist, dass Abweichungen von den gesetzlichen Regelungen in Verbraucher-Bauverträgen teilweise unzulässig und teilweise nur individualvertraglich zulässig sind. Abweichende Vereinbarungen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen, zu denen auch Standardverträge und alle mehrfach verwendeten Klauseln gehören, sind nicht möglich. Alle Bauunternehmen, die Verbraucher-Bauverträge abschließen, müssen daher ihre Vertragsunterlagen auf die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen überprüfen und entsprechend anpassen. Die Verwendung unzulässiger Regelungen kann sowohl von Konkurrenten als auch von Verbraucherschutzvereinen kostenpflichtig abgemahnt werden. Zudem kann sich der Unternehmer in einem Rechtsstreit nicht auf die unzulässigen Regelungen berufen.

Kaufrecht
Eine deutliche Verbesserung der Rechtslage tritt bei den Mängelrechten der Werkunternehmer gegenüber Baustoffhändlern ein. Bisher konnte der Werkunternehmer die Kosten für den Ausbau mangelhafter und Einbau mangelfreier Baustoffe in vielen Fällen nicht vom Baustoffhändler verlangen. Dies führte dazu, dass er diese Kosten selbst tragen musste. Künftig sind alle Kosten für Aus- und Einbau vom Verkäufer zu tragen, wenn die Kaufsache bestimmungsgemäß mit einer anderen Sache verbunden oder an diese angebracht worden ist.

Zusammenfassung
Die Reform des Werkvertragsrecht bringt eine Vielzahl von Änderungen mit sich. Alle Bauunternehmen und Handwerksbetriebe müssen sich auf die Änderungen einstellen. Hierzu gehört neben einer Überprüfung der verwendeten Vertragsunterlagen auch eine Berücksichtigung bei der Auftragsannahme und- Abwicklung. Der Autor ist seit mehreren Jahren im privaten Baurecht tätig und wird Sie gerne bei der Umsetzung aller Neuerung unterstützen.

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Pavel Denev
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